Marco Schlimpert über die Zukunft der Beschaffung.
Stellen Sie sich einmal vor:
Was wäre Ihr Unternehmen ohne Ihre Lieferanten?
Wären Sie dann weiterhin erfolgreich tätig?
„Der Preis und die Qualität sind für mich die entscheidenden Kriterien, und wenn es nicht mehr passt, dann tausche ich den Lieferanten aus“, bekomme ich oftmals als Antwort. Und: „Je günstiger ich einkaufe, umso höher mein Gewinn.“
Tatsächlich haben viele Unternehmen eine Kostenstruktur, bei dem die zugekauften Produkte und Dienstleistungen bis zu 60% des erzielten Umsatzes ausmachen. Dies führt zu einer enormen Bedeutung des Einkaufs, denn jeder nicht ausgegebene Euro muss nicht zusätzlich verdient werden. Zudem hat jeder eingesparte Euro den gleichen Effekt, wie wenn Sie ihren Umsatz um den zweieinhalbfachen Betrag dieser Einsparung erhöhen. Was ist einfacher – einsparen oder Umsatz erhöhen?
Der strategische Einkauf
Das professionelle Management der eingekauften Produkte und Dienstleistungen ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Schlussendlich sind jene Unternehmen erfolgreich, die es schaffen, den Absatzmarkt mit dem Einkaufsmarkt in Einklang zu bringen. Mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis erreichen sie somit hohe Kundenzufriedenheit und erfreuen sich in Folge an Folgeaufträgen.
Das Bild des Einkaufs hat sich im Laufe der Zeit jedoch gewandelt: Waren früher die „harten“ Verhandler erwünscht, sind es heute die Netzwerker, die Lieferanten als Partner auf Augenhöhe sehen und mit ihnen gemeinsame Werte schaffen und erfolgreich die Wertschöpfungskette gestalten.
Ein klarer Trend ist erkennbar: der sogenannte transaktionale Einkauf wird automatisiert und der strategische Einkauf gewinnt an Bedeutung. Für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens zählt nicht mehr der Preis allein, sondern welche Werte geschaffen werden und welches Wertschöpfungsnetzwerk mit zuverlässigen Partnern gestaltet werden kann.
Von Preis/Leistung zu Werte/Erfolg
Ihre vertrauensvolle Zusammenarbeit führt dazu, dass ihre Geschäftspartner bereit sind, mit ihnen durch „dick“ und „dünn“ zu gehen. Sie werden zu „Value Manager“ und öffnen sich, um mit ihnen die angebotenen Produkte und Dienstleistungen nachhaltig erfolgreich zu gestalten.
Nur so können kurzfristige und unvorhersehbaren Veränderungen am Markt erfolgreich gemanaged werden. Lösungen werden gemeinsam und pragmatisch erarbeitet. Es entstehen innovative Produkte und Dienstleistungen mit dem besten Werte-/Erfolgs-Verhältnis, und dadurch langfristiger und nachhaltiger Geschäftserfolg.
Für Einkaufsentscheidungen sind nicht mehr ausschließlich
- funktionale (es muss funktionieren)
- effizienzorientierte (es muss billig sein, es muss rechtzeitig da sein, es muss jederzeit verfügbar sein)
- rechtliche (wir erfüllen die rechtlichen Anforderungen
Kriterien wichtig, sondern auch
- ethische (wir respektieren die Integrität der anderen Menschen)
- nachhaltige (wir entnehmen aus der Umwelt nur so viel wie nachwachsen kann)
Aspekte gewinnen immer mehr an Bedeutung.
Ein Beispiel aus Zentraleuropa
Bei einer Ausschreibung des Einkaufsbedarfs an Schrauben (ich habe damals den globalen Einkauf eines Maschinenbauunternehmens geleitet) hat ein Unternehmen ein Angebot unterbreitet, welches 40% unter dem aktuellen Preis vom aktuellen Lieferanten lag. Und nein, es war kein Unternehmen aus Asien, sondern aus Mitteleuropa, ansässig in einer der reichsten Regionen, um zu präzisieren. Zugegebenermaßen war es eine große Versuchung, die Lieferungen sofort umzustellen und von den Einsparungen in der Höhe von mehreren hunderttausend Euros zu profitieren.
Der Lieferantenfreigabeprozess umfasste ein Unternehmensaudit vor Ort. So habe ich dieses Unternehmen persönlich besucht. Der erste Eindruck war positiv: Es war ein eigentümergeführtes Unternehmen mit einem schönen Bürogebäude. Der Eigentümer fuhr einen Maserati und war äußerst elegant gekleidet. Wir hatten ein sehr positives, interessantes und anregendes Gespräch. Schlussendlich machten wir den Produktionsrundgang. Und dort der Schock: dunkle Umgebung, hohe Staubbelastung in der Luft, Ordnung und Sauberkeit gab es kaum, Maschinen ohne entsprechende Sicherheitseinrichtungen, Mitarbeiter:innen machten einen sichtbar unzufriedenen Eindruck. Ich habe schon viel besser aufgestellte Unternehmen außerhalb von Europa gesehen. Nach ein paar Rückfragen war mir klar: Aus ethischen und nachhaltigen Gründen kann und werde ich dort nicht einkaufen. Denn das Geld würde nicht investiert werden, um die Arbeitsbedingungen der Menschen zu verbessern, sondern um den Profit zu erhöhen.
Leider war diese Erfahrung kein Einzelfall, solchen Unternehmen bin ich öfters in meiner langjährigen internationalen Praxis begegnet. Auch Mitten in Europa.
Es freut mich sehr, dass nach mittlerweile neun Jahren Verhandlung das Europäische Lieferkettengesetz (Corporate Sustainable Due Diligence Directive – CSDDD) zunächst im Europäischen Ministerrat und schließlich am 24. Mai 2024 im Europäischen Parlament beschlossen wurde. Es zielt darauf ab, dass das Pariser Klimaschutzabkommen integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie - und somit der Einkaufsstrategie – wird und die Menschenrechte entlang der Wertschöpfungskette eingehalten werden.
Es mag auf dem ersten Blick als zusätzlicher Aufwand erscheinen. Jedoch: es hindert uns nichts daran, diese Kriterien in den Lieferantenmanagement-Prozess zu integrieren und somit zu einem fixen Bestandteil unseres täglichen Handelns zu machen. Es sind die Entscheidungen im Einkauf, die uns in eine nachhaltige Zukunft führen.
Ich freue mich, mit Ihnen die Zukunft zu gestalten.
Gerne unterstützen wir sie dabei, ein modernes Einkaufsmanagement aufzubauen. Dabei haben wir mit ESG Performer ein pragmatisches Werkzeug für das Management Ihrer Wertschöpfungskette, welches Sie dabei unterstützt, die drei Kernfaktoren moderner Einkaufsorganisation zu integrieren: Werte schaffen, Netzwerke aufbauen und zukunftsorientiere Lösungen innovieren.
Denn: Was wäre Ihr Unternehmen ohne Ihre Partner?
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